Gewalt durch Sprache Narzissten, andere toxische Menschen und ihre Manipulationstechniken

Was ist eigentlich Coercive Control?

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Coercive Control heißt auf Deutsch Zwangskontrolle. Es handelt sich dabei um Handlungen, die eine andere Person dazu bringen sollen, sich unterzuordnen, und in der Regel das Ziel haben, den kontrollierten Menschen von der kontrollierenden Person abhängig zu machen. Dabei üben die Täter Zwang aus, zum Beispiel durch Drohungen oder Demütigungen, die den Opfern Angst machen sollen, damit sie ihr Verhalten anpassen.

Soziale Isolation

Coercive Control ist nicht immer mit körperlicher Gewalt verbunden, psychische Gewalt ist jedoch an der Tagesordnung. Und die ist nicht immer leicht zu erkennen, zumal zu den Handlungen, die für Coercive Control typisch sind, gehört, die Opfer von einem unterstützenden Umfeld zu trennen und sie zu isolieren. Eine Taktik dabei ist, Lügen über Freunde, Familienangehörige oder Bekannte zu erzählen wie „XY redet nur schlecht über dich“ und dem Opfer die Freunde so madig zu machen.

Auch nehmen Täter häufig die Zeit der Opfer vollständig in Anspruch, indem sie ihnen immer weitere Aufgaben zuteilen. Oder sie torpedieren Treffen mit anderen, indem sie für genau diesen Zeitpunkt eine andere Aktivität planen. Beliebt ist auch, Opfern Schuldgefühle einzureden, wenn sie sich mit potenziellen Unterstützern treffen. Ein Beispiel: „Ich bin traurig, dass wir nichts zusammen machen können, weil du immer mit anderen unterwegs bist.“ Nicht selten ziehen sich Coercive Controller auch, übrigens meistens ganz bewusst, in den Schmollwinkel zurück, wenn sich das Opfer mit einem anderen Menschen getroffen hat. Manchmal sprechen sie tagelang nicht mit ihrem Opfer oder drohen ihm sogar mit Konsequenzen („Wenn du dich nochmal mit XY triffst, bin ich weg“). Nach und nach werden die Opfer von Coercive Control so in die soziale Isolation getrieben werden, sodass ihnen als einziger Ansprechpartner der Täter bleibt.

Finanzielle Gewalt oft Teil der Coercive Control

Ein weiteres Kennzeichen für Coercive Control ist es, die finanziellen Ressourcen der Opfer auszunutzen oder sie ihnen zu entziehen, sodass ihnen die finanzielle Unabhängigkeit genommen wird bzw. ihnen nicht erlaubt wird, finanziell unabhängig zu sein. So kontrollieren manche Täter, wofür die Opfer Geld ausgeben, und/oder stellen ständig infrage, ob Ausgaben gerechtfertigt waren. Zur finanziellen Kontrolle oder besser zur finanziellen Gewalt gehört auch, nur ein Taschengeld zu Verfügung zu stellen, das Geld allein zu verwalten oder es den Opfern zu verbieten, ein eigenes Bankkonto zu eröffnen. In manchen Fällen drängen die Täter die Opfer, Schulden zu machen oder Schulden des Täters zu übernehmen. Manchmal dürfen die Opfer nicht arbeiten und eigenes Geld verdienen. Diese finanzielle Gewalt erschwert es, sich aus einer solchen Kontrollbeziehung zu lösen.

Mikromanagement Durch die Täter

Mikromanagement ist ein weiteres Zeichen für Coercive Control. Die Opfer werden in vielen Teilen ihrer Unabhängigkeit beschnitten:

Manche Täter erlauben ihren Opfern, nur bestimmte Kleidung zu tragen, sich nicht zu schminken oder nur eine bestimmte Frisur zu haben. Manche kontrollieren, wann, was und wie viel die Opfer essen, wann oder wie lange sie schlafen dürfen. Andere kontrollieren, welche Anschaffungen gemacht werden oder stellen infrage, dass Anschaffungen gerechtfertigt waren. Manche schreiben ihren Opfern genau vor, was sie wo kaufen dürfen. Fehlverhalten wird bestraft, zum Beispiel durch Demütigungen, „Liebesentzug“, Schweigen oder sogar körperliche Gewalt. Einige Täter kontrollieren auch, ob und wie ihr Opfer verhütet. In einigen Fällen verwehren Täter ihren Opfern sogar ärztliche Hilfe. Manchmal dürfen sich die Opfer nur in Begleitung der Täter in ärztliche Behandlung begeben.

Überwachung als Kontrollmechanismus

Oft überwachen die Täter zudem die Opfer: zum Beispiel durch Spionage-Apps auf dem Handy, durch die Kontrolle des Browserverlaufs, durch das Anbringen von winzigen Kameras in der Wohnung. Auch die Ortung des Aufenthaltsorts durch die GPS-Daten des Smartphones der Opfer gehört oft zur Kontrolle hinzu. Manche Opfer werden, wenn sie außer Haus sind, in regelmäßigen Abständen angerufen oder erhalten Nachrichten, auf die sie sofort reagieren müssen.

Psychische Gewalt

Ein wesentliches Merkmal für Coercive Control ist die psychische Gewalt, die unter anderem Gaslighting umfasst. Unter Gaslighting versteht man alle Maßnahmen, die dazu führen, dass die Opfer ihrer eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen. So kann es sein, dass Täter die Opfer an ihrem Erinnerungsvermögen zweifeln lassen („Das war aber ganz anders, Schatz. Dein Gedächtnis ist in letzter Zeit schlechter geworden.“), normale Reaktionen der Opfer als überzogen darstellen („Du bist so empfindlich. Du musst an dir arbeiten.“) oder ihnen auch suggerieren, bei fast allem, was sie tun, etwas falsch zu machen. Manchmal stellen Täter Dinge in der Wohnung um oder verstecken sogar Gegenstände, die immer am selben Platz lagen, um die Opfer zu verunsichern.

Die Opfer verlieren durch dieses Gaslighting nach und nach das Vertrauen in ihre eigene Wahrnehmung und den Bezug zur Realität. Dadurch gewinnen die Täter weitere Kontrolle über sie, machen sie von sich abhängig. Die Opfer fühlen sich verloren und haben oft als Folge der sozialen Isolation nur noch die Täter, an die sie sich wenden können.

Zur psychischen Gewalt gehören auch Abwertungen und Beschimpfungen, Drohungen, manchmal tagelanges Schweigen als Form des Liebesentzugs. Auch Respektlosigkeiten, in der Öffentlichkeit oft als Witz getarnt, oder das Sich-Lustigmachen über berechtigte Gefühle der Opfer zählen zur psychischen Gewalt. Oft wenden die Täter verschiedene Formen der psychischen Gewalt gleichzeitig an.

Ständige Grenzüberschreitungen

Ein wesentliches, wenn nicht das wesentliche Kennzeichen für Coercive Control ist meiner Meinung nach das ständige Überschreiten der Grenzen der Opfer: Täter akzeptieren ein Nein in den meisten Fällen nicht, zumindest hat es Folgen. Dazu gehört etwa die Bestrafung durch Ignorieren, Anschweigen oder das Wegfahren des Täters, ohne zu sagen, wohin er geht. Oft ist dann auf keinem Weg erreichbar. Hinzukommt: Die Täter messen mit zweierlei Maß. Das Opfer hat ein Nein des Täters zu akzeptieren, sonst folgt ebenfalls eine Bestrafung.

Coercive Control hat schwere Folgen für die Opfer

Selbst wenn keine körperliche Gewalt im Spiel ist, hat Coercive Control gravierende Folgen für die Opfer. Sie werden all ihrer Mittel und Fähigkeiten beraubt, die sie für ihre Unabhängigkeit, ihren Widerstand und auch für eine Flucht benötigen. Die Betroffenen befinden sich oft im Dauerstress, aus Angst, es den Tätern nicht recht machen zu können. Und dieser andauernde Stress und die Angst können zu körperlichen Beschwerden und zum Teil schweren Krankheiten führen.

Kein einmaliges Verhalten, sondern ein Verhaltensmuster

Coercive Control ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich nicht um ein einmaliges Verhalten, sondern ein Verhaltensmuster handelt. Dieses Muster zieht sich durch die gesamte Beziehung hindurch. Coercive Control gibt es nicht nur in Partnerschaften, sondern auch zwischen Familienangehörigen, unter Umständen auch unter Freunden oder in etwas anderer Form durchaus auch im Berufsleben.

In Partnerschaften ist Coercive Control laut dem 8-Stufen-Modell zur Prävention von partnerschaftlichen Morden der britischen Kriminologin Jane Monckton Smith ein wichtiges Zeichen für ansteigende Partnerschaftsgewalt, die letztlich im Mord münden kann.

Über die Autorin

Simone Harland

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